38. Dorfschulmeister Leopold Chimani, Schluss

"Nach dem Unterricht" Ausschnitt aus einem Gemälde von Ferdinant G. Waldmüller, 1841

„... Derselbe hat den Unterricht immer mit allem Fleiße und gründlicher Sachkenntniß ertheilt, mit Aufopferung großer Kosten im Jahre 1776 die verbesserte Lehrmethode einer der ersten unter den benachbarten Schullehrern, in Wien an der Normalschule bey S. Anna sich eigen gemacht, die gute Sache dadurch befördert, und seinen Amtsgenossen ein nachahmungswürdiges Beyspiel gegeben. 

Seither hat er die Schule nicht nur immer im guten Stand erhalten, so daß bey jeder Untersuchung die visitierenden Behörden ihre Zufriedenheit in unserer Gegenwart dem würdigen Schullehrer bezeugt haben sondern auch die Schule in der ganzen Nachbarschaft als eine der besten bekannt war. Dieses kann die ganze Gemeinde um desto gewissenhafter bezeugen, da alle eingeborenen Dorfinsassen, nur die älterstern Zwey ausgenommen seinen guten Unterricht genossen haben, und er durch denselben bey mehreren den Grund zu ihrem weiteren Fortkommen in Stände außer der schwer arbeitenden Classe gelegt hat.

So wie er als Lehrer in der Schule, obwohl eine zahlreiche Familie und Nahrungssorgen ihn drückten, immer seine Pflichten gewissenhaft erfüllte, so war er als nüchterner, redlicher, friedfertiger Mann, als Christlicher Hausvater und Gatte immer ein Beyspiel der Gemeinde, Beleidigungen und Unrecht duldete, angesprochene Vorteile aufgab, dem ein ausgesprochenes Wort immer so unverletzbar als ein Eid war. So hat er als Vater einer immer überaus Zahlreichen Familie, von der noch neun Kinder am Leben sind, der Gemeinde mit seinem Beyspiel vorgeleuchtet, und durch das ausgezeichnet gute Fortkommen derselben die Früchte seiner treu angewandten väterlichen Sorge bewährt. 

Wie er als Lehrer seine Obliegenheiten in der Schule immer gewissenhaft erfüllte, so gab er auch bey dem Meßner- und Chordienste ein nachahmungswürdiges Beyspiel der Achtung für Religion und gottesdienstliche Handlungen, da er alles aufboth, was den äußern Anstand in der Kirche vermehren, oder die Andacht der Gegenwärtigen erhöhen konnte. So hat er durch beträchtlichen Kostenaufwand von seinen geringen Einkünften bis zur letzen feindlichen Invasion im Jahre 1809, wo alle seine musikalischen Instrumente ihm genommen oder zertrümmert wurden, den Gottesdienst mit einer guten Chormusik verherrlicht, und Dorfleute in allen Musik- Gegenständen unterrichtet, die ihm in dem Chordienste an die Hand gehen konnten.

Bey den zwey feindlichen Invasionen im Jahre 1805 und 1809 hat er eine seltene Anhänglichkeit an Monarchen und Vaterland und eine unerschütterliche Redlichkeit selbst bey dem Verlust seiner ganzen Habe an den Tag gelegt, und er konnte in der geplünderten Kirche durch die über seinen entblößten Nackten gezückten Schwerter der raubgierigen Feinde nicht den Ort verrathen, wo der Kirchenschatz verborgen war.

So wie wir unsern braven Schullehrer als warmen Christen, wohlthätigen Menschen, eifrigen Lehrer, redlichen, friedliebenden und nüchternen Mann immer geliebt und geachtet haben, so bitten wir bey dieser Gelegenheit gehorsamst alle Behörden, hohen und höchsten Stellen, welche dieses Zeugniß lesen werden, den geachteten Greisen und Schullehrer in Rücksicht des Nutzens, den er in unserer Gemeinde durch mehr als ein halbes Jahrhundert gestiftet hat, besten empfohlen seyn zu lassen.

Zur Urkund dessen haben wir Richter und Geschworne dieses wohlverdiente Zeugniß eigenhändig unterschrieben, und das Gemeinde Sigill demselben beygedruckt. 

Langenzersdorf den 1ten Juny des 1814ten Jahres
 Gabriel Dietrich Pfarrer allda
 Joh. Mich. Schmid Ortsrichter
 Leopold Leithmannslehner Geschworner
 Sebastian Kirzinger Geschworner
 Johan Schmatzer gemeinausschuß
 Josef Steinbacher gemeinausschuß

Wird von Seite der Herrschaft bestäthiget.
 Von dem Stiftsgerichte Klosterneuburg, den 6. July 1814. H. Mayer Hofrichter“

Dieses Ansuchen hatte auch Erfolg und am 4. Dezember 1814 verlieh ihm der Kaiser die kleine goldene Civil Ehrenmaedaille. - Der Dienst aber ging in den altgewohnten Bahnen und ohne Ruhestand weiter, bis schließlich Leopold Chimani der Ältere am 25. September 1821 im 81. Lebensjahr verstarb. Seine Witwe bewohnte nach seinem Tode das ihr gehörige Kleinhaus Nr. 104 (heute Wienerstr. 40). Als Nachfolger im Langenzersdorfer Schulhaus wurde sein Sohn Stephan ernannt, der jedoch im Revolutionsjahr 1848 „infolge revolutionärer Umtriebe“ entlassen wurde.

In dankbarer Erinnerung an den so hoch verdienten Dorfschulmeister hat die Gemeinde Langenzersdorf in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg eine Straße in der Siedlung nach Leopold Chimani benannt.

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